Wanderungen durch die Thüringer Heimat
![]() Zufällige Übereinstimmungen mit dem wahren Leben sind nicht gewollt! |
Alkersleben oder da wo meine Wiege stand
Zyklus Thüringer Geschichten |
|
Sehr oft fuhr ich in all den Jahren meiner Außendiensttätigkeit die
Strecke Erfurt-Stadtilm-Saalfeld. Nicht weit von der Kreisstadt Arnstadt
liegt der kleine Ort Alkersleben. Meine Großmutter Magda stammte aus diesem Dorf. |
![]() |
Sie heiratete irgendwann meinen
Großvater Albert,
"Warum hast Du es mit nach Hause
genommen?" Er erzählte oft stundenlang, und ich hörte
geduldig zu. |
![]() |
Mein Vater trank den selbstgemachten Apfelwein, schmunzelte und zwinkerte
mit seinen lebhaften Augen,
denn schnell ging das Erzählen des Onkels zum
Jägerlatain über. Besonders die Geschichte mit dem Rasselbock kommt mir da in
Erinnerung!
Onkel Paul war ein leidenschaftlicher Jäger. Einmal
hatte er das seltene Glück, einen Rasselbock zu erlegen.
"
Was ist ein Rasselbock?"
fragte ich, und schon begann seine
Erzählung...
Besonders in harten Wintern, wenn viel Schnee auf den Feldern liegt,
kommt es vor, daß die Natur etwas Sonderbares im vorthüringer Land hervor
bringt. Es werden die seltenen Rasselböcke geboren. Aufgrund des vielen Schnees stapfen die Rehböcke liebeshungrig
daher, immer nach einer zarten Blume einer Artgenossin Ausschau haltend -
Einladung zum Liebesspiel! Der Leser staunt sicher, wie auch ich staunte, als ich die
Geschichte zum ersten Mal hörte:
Meine Kinderjahre vergingen, und schon als gestandener Mann und
Familienvater |
![]() |
![]() |
Nahe Alkersleben liegt ein kleiner Flugplatz. In den
Jahren des Sozialismus in Thüringen war er fast in Vergessenheit
geraten. Fliegen war nicht jedermann in der DDR erlaubt, da Republikflucht bestand! Unglaublich, was die Betonköpfe alles für Spinnereien entwickelten und durch ständiges Mißtrauen die Bevölkerung terrorisierten. Nach der Wende in Deutschland normalisierte sich alles wieder. Nun wo viele Freizeitsportler hier wieder ihre Segelflugzeuge starten und ihrem Hobby nachgehen dürfen, ist wieder Leben eingekehrt. |
Ein Arbeitskollege und langjähriger Freund lud mich bei herrlichem Wetter
zu einem Ausflug zum Alkerslebener Sportflugplatz ein.
Großtante Marie, die
jüngste Schwester meiner Großmutter, war im letztem Winter im gesegnetem Alter
von 95 Jahren für immer eingeschlafen.
Oft hatte ich sie besucht auf der
Rückfahrt nach Erfurt; Blinker links gesetzt, 800 m mit dem Auto ins Tal hinein,
und die Freude der Großtante war stets sehr groß und Herzlichkeit breitete
sich aus.
Wie oft war ich diesen Weg zusammen mit dem Vater gegangen. Nun war
es ein Katzensprung für mich!
Regelmäßig hatte ich die Tante besucht; es war
und ist noch heute ein Stück Heimat für mich.
Der Großmutter und ihren
Schwestern habe ich ein kleines Denkmal gesetzt mit folgendem Gedicht.
![]() |
Der Schlaf Großmutter Magda hatte so
ihre |
Alkersleben zieht mich stets und immer magisch an! Ich nahm die
Einladung an.
" Ich habe eine Überraschung für Dich!" wurde mir noch
mitgeteilt, und unser Ausflug nahm seinen Lauf.
" Komm, wir schauen uns mal
ein Segelflugzeug von innen an!" erklärte mir Wilfried.
Ich konnte es kaum
glauben. Zum ersten Mal in meinem Leben saß ich in einem Doppelsitzer!
Ich
schaute zu, wie sich mein Freund anschnallte. " Das würde ich an deiner Stelle
auch tun!" bat er mich.
Er hatte das Flugzeug gemietet! "Meinen Flugschein habe ich auch," teilte
er mir mit.
" Und für alle Fälle: Links ist die Spucktüte!" hörte ich noch,
und ab ging es. Ein Seilwinde schleppte uns an, kurz darauf waren wir in der
Luft.
Kein Knattern, kein Quietschen , kein Schalten und kein Rollen über
Schwellen und Kanten. Nur das Sausen der Schwingen und das sirrende Pochen des
Steigungsanzeigers: 3m/s . Einfach Fliegen!
Wilfried freut sich über meine Begeisterung für das
Steigen, Kurven, Gleiten und Schweben. Zusammen waren wir in die Berge
geklettert, viele Km Wanderung lagen hinter uns. Aus den verschiedensten
Perspektiven war ich gewohnt, Landschaften zu entdecken. Weil ich Erfurt und seine Umgebung gut kenne, konnte ich genau verfolgen, wo wir gerade waren. Da lag die feste Wachsenburg, Vorreiter zum Thüringer Wald. |
![]() |
Da war der Stausee von Hohenfelden, wo die weissen Segel der kleinen Boote
wie Spielzeug erschienen, die weiten Wälder, Weiden und frisch gemähten Wiesen,
die ganzen Orte mit den Spielzeugautos, rundherum am Horizont immer wieder der
Thüringer Wald.
Plötzlich überkam mich die Erinnerung an meine erste große
Liebe.
Mit dem Fahrrad waren wir viele Stunden unterwegs; und auf einem
kleinen Hügel in den Thüringer Bergen machten wir die erste Rast.
Schweigend
und verträumt schauten wir in die Ferne; dann warf Christina einen raschen Blick
zu meinem Hals, der sie wohl vom ersten Moment unseres Kennenlernen anzog. Noch
lehnte sie sich nicht an mich, doch da war eine Kraft außerhalb ihres Wesens,
die sie näher an mich schob.
Schließlich berührte ihre Schulter die meine,
so leicht wie ein Schmetterling eine Blüte berührt, und so leicht war auch mein
Gegendruck.
Nun hätte sie sich zurück ziehen müssen, doch sie schien zu einem
Automaten geworden zu sein. Was sie tat, unterlag nicht mehr ihrem Willen.
Es war ein köstlicher Wahnsinn, der sie unabdingbar beherrschte!
Mein
Arm stahl sich um ihren Rücken. Sie wußte nicht, worauf sie wartete, doch es war
ein himmlisches Warten.
Der Arm schob sich höher, zog sie näher an meinen
Körper, langsam und zärtlich. Mit einem Seufzer ergab sie sich meiner
Berührung.
Ihr Kopf lag an meiner behaarten Brust. Mein Kopf neigte sich, und
ihre Lippen trafen die meinen!
" Das muß wohl Liebe sein?" dachte sie. " Und
wenn es nicht Liebe wäre, was sollte es dann sein!"
Sie liebte mich, der
seine Lippen auf die ihren drückte....
Unsere Hände verschlangen sich
in einer unendlichen Berührung! Mein Hals, sonnengebräunt, strahlte Geborgenheit
und Kraft aus
und zog wie ein Magnet ihren Körper an. Es war ein so
erlesenes, göttliches Gefühl, daß sie leise stöhnte
und in meinen Armen die
Besinnung verlor.
Lange fanden wir keine Worte, viele Male küßten wir uns und
schmiegten unsere Körper ineinander.
Die Schönheit der Landschaft sahen wir
wie einen goldenen Nebel.
" Seit wann liebst du mich?" fragte sie
mich.
"Seit ich zum ersten Mal deine Stimme hörte, seit ich dich zum ersten
mal dein Lachen genoß," war meine Antwort.
" Ich bin wahnsinnig vor
Glück!"
" Ich bin froh deine Frau zu sein!" gestand mir Christina, ihrer
gewonnenen Liebe.
" Ich wußte es von Anfang an. Nie hätte ich es glauben
können, das mein Traum, deine Liebste zu sein, in Erfüllung gehen
würde....."
Wie lange war es her, dass ich dieses Gefühl erleben durfte?
Unser Kurs
mit dem Flugzeug ging Richtung Westen. Die Orientierung hatten wir an der
Autobahn A4 . War das schon die Wartburg? Majestätisch wie seit Jahrhunderten
grüßte sie von unten herauf! Ich hatte das Gefühl, ein Burgfest beobachten zu
können, wo Walter von der Vogelweide seinen Minnegesang preis gab.
Mit einer leichten Neigung ging es weiter nach Südwest Richtung Fulda. Wir
verließen das Thüringer Land. Weit unten grüßten uns die Wälder der
Rhön!
Fulda ließ Wilfried südwestlich liegen, und wir näherten uns dem
Vogelsberg.
Inzwischen gute 1400 m hoch verloren wir doch an Höhe. Am
Vogelsberg versprach sich Wilfried eine gute Thermik, die dann auch prompt
einsetzte.
Ich betrachte das Gebiet und mußte an meinen Frankfurter Freund
Gunnar Ehret denken, der als Kind aus dem Sudetenland vertrieben, hier seine
zweite Heimat fand und seine Kinderjahre verbrachte, ehe er dann mit seiner
Familie aus Gründen von Arbeitsmangel nach Frankfurt am Main zog. Gerade in den
Wendejahren hatte er mir geholfen, auf die Beine zu kommen und die Gesetze der
Marktwirtschaft zu begreifen.
Natürlich habe ich auch eine Geschichte
geschrieben, die ich dem Leser hier nicht vorenthalten möchte.
Der Marketingmann
" Präg dir bitte ein : Ehret den Herren !" war sein Sagen , als wir uns
das letzte Mal sahen.
So vergißt du meinen Namen nicht.
Dann verschwand er
aus meinen Blickfeld für immer.
Gunnar Ehret hatte es als Jungen der
Nachkriegszeit aus dem ehemaligen Osten Deutschlands als Vertriebenen aus dem
Sudetenland in das Gebiet des Vogelberges im schönen Hessenland verschlagen.
Deutschland war von den Alliierten neu geordnet worden.
Mit der Arbeit des
Vaters klappte es nicht so recht, und so zog die Familie weiter nach Frankfurt
am Main. Hier war die Familie endlich wieder zur Ruhe gekommen.
Der
Wohlstand, der im Westen Deutschlands durch den wirtschaftlichen Aufschwung
nicht ausblieb, hatte auch bei Familie Ehret nicht halt gemacht. Ein kleines
Reihenhäuschen war im Besitz der Familie, zwei Stammhalter sorgten dafür, daß
die Familie eine Familie blieb und insgesamt hatten alle Familienmitglieder ihr
Herz auf der richtigen Stelle.
Auch mein Freund Gunner Ehret !
Ich war zu jener Zeit, als wir uns kennen lernten, Servicetechniker beim
PC Service AG des Serviceunternehmen Techknow GmbH Niederlassung Behring im
wiedervereinigten Deutschland. Meine Aufgabe war es vor allem Büro- und
Kassensysteme zu reparieren.
Unternehmen wie Woolworth, Andre-Schuhland,
Deichmannschuhe und andere arbeiteten damals noch mit recht alten
Kassensystemen.
Speziell war es das System 368x, das mir immer wieder
Kopfzerbrechen machte. Es war selbst für uns Ostdeutsche total überaltert,
obwohl wir nicht gerade verwöhnt waren.
Eine Kassenaufsicht vom Unternehmen
Woolworth Kleinerichen hatte mir tüchtig zugesetzt:
Frau Großberlin hatte auf
einem externen Diskettenlaufwerk immer wieder unkompatible Disketten erstellt.
Ich hatte Kassen repariert, die gar nicht defekt waren .Diesem Wahnwitz,
eingeleitet durch das veraltete System, war ich erlegen und hatte bei meinem
damaligen Vorgesetzten schlechte Karten!
Bei ihm galt ich seitdem als unfähig und ahnungslos; war seines Erachtens nicht dazu in der Lage, Workstation zu reparieren.
Die PC Service AG löste dies aber anders, indem sie Hilfestellung gab.
Gunnar Ehret von der PC Service AG kam, sah und siegte! Allein durch sein charmantes, freundliches Auftreten hatte er schon die Filialleitungen auf seiner Seite, und mit Hilfe eines ordentlichen Ersatzteilstockes im Auto und trainierten Geschickes war es ihm stets möglich, das Kassensystem wieder instand setzen zu können.
Ich stand neben ihm!
Nun war unsere Herkunft und Ausbildung nicht etwa gleich abgelaufen.
Gunner hatte sich typisch westdeutsch , ich mich typisch ostdeutsch
entwickelt.
Gunnar war aus meine Sicht sehr anpassungsfähig. Als junger Mann hatte er den Beruf eines Friseurs erlernt. Zusammen mit seiner Frau Kathrin, die auch vom Fach kam, führte er ein kleines Friseurgeschäft im Hessenland. Es lief schlecht und recht.
Eine Hautallergie zwang ihn zu einer Umschulung! Er schulte zum
Lagerfacharbeiter um, und hatte wieder das Glück auf seiner Seite.
Die PC
Service AG suchte für das gerade neu eröffnete Zentrallager in Frankfurt
Fachkräfte:
Gunnar Ehret war mit von der Partie! Und genau hier begann eine
typisch westdeutsche Laufbahn eines leistungs- und anpassungsfähigen
Angestellten, die durch den wirtschaftlichen Aufschwung in der Nachkriegszeit in
Westdeutschland möglich werden konnte. Es waren keine Diplome gefordert, es war
auch nicht nötig Abitur, Studium oder andere Karrierewege einzuschlagen. Das
richtige Wissen zur rechten Zeit waren gefragt!
Gunnar hatte dieses Wissen.
Er war anpassungsfähig und clever genug, zur rechten Zeit genau das Richtige zu
tun.
Wie gesagt: Unsere Wege liefen typisch ab. Jeder auf seiner Seite. Ich war
fern jeden Stresses wohlbehütet in einer kleinbürgerlichen Familie
aufgewachsen.
Selbstverständlich besuchte ich die Schule bis hin zum Abitur,
legte an der Ingenieurhochschule Dresden mein Diplom ab.
Was nützte mir aber
all dieser Glanz in der freien Marktwirtschaft, wo ich plötzlich meinen
Lebensunterhalt verdienen mußte. Alles war nur Schall und Rauch !
Gott sei Dank lernte ich Gunnar kennen. Oft erledigten wir gemeinsam
Arbeitsaufträge.
Er genoß es, mich auszubilden und mir unbewußt den
Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland beizubringen. Viel wurde mir
gerade in dieser Zeit klar!
Das fest gefahrene, völlig veraltete
Wirtschaftssystem der DDR hatte sich bis hin zu uns wie ein Krebsgeschwür
ausgebreitet. Nie im Leben hatten wir eine Chance des wirtschaftlichen Bestehens
auf einem offenen Weltmarkt.
Bei der Arbeit wurden wir Freunde : Gunnar, der gelernte Friseur,
umgeschulte Lagerfacharbeiter und hochgearbeitete Marketingmann; ich die
qualifizierte Fachkraft für Großrechensysteme von einst, herunter gefahren zum
Workstationspezialist von heute.
Wirklich zwei typische Laufbahnen im
wiedervereinigten Deutschland!
In meiner Erinnerung lebt Gunnar als guter Freund fort, da er mir
Wichtiges lehrte und beibrachte.
Im wahren Leben geht es nicht darum
irgendwelche Abschlüsse nachzuweisen.
Im Leben zählt genau die Leistung, die
gerade in dem Moment erbracht werden muß, wenn diese gefordert wird. Und wenn es
die Leistung eines Servicetechnikers für Workstation ist.
Nun gut, der Leser möge meine Polemik entschuldigen. Zurück zu unserer Geschichte mit dem Segelflugzeug!
" Wollen wir einen Looping fliegen?" wurde ich gefragt! Ich zögerte noch
etwas, denn wegen der Erfahrungen der letzten Jahre mit all den Schmerzen der
Coxarthrose neigte ich oft zur Vorsicht. Doch dann sagte ich mir laut: "
JA!"
Wir stürzen senkrecht hinab auf die Wälder zu, als wollten wir zwischen
die tiefen Baumspitzen fliegen. Alles war dunkelgrün, bis der Bogen unter meinen
Füßen begann und mich die Zentrifugalkraft in das Fallschirmpolster preßte. Der
Horizont war wieder da, aber nur für einen kurzen Augenblick, denn er versank
sofort unter dem Rand meiner Brille.
Ich hatte nur blauen Himmel und zwei
Wolken unter mir. Mein Körper fiel im Sitzen ganz bequem durch die Luft, die
gewellte grüne Linie erschien wieder, aber nun auf dem Kopf, da es wieder hinab
auf die Bäume zu ging. Und da war schon alles normal: Unten grün, oben blau; wir
in unserem weißen Segelflugzeug ordentlich dazwischen!
Welche Gefühle
durchströmten meinen Körper. Immer noch nicht hatte ich das Erlebnis so recht
verdaut. In einem angenehmen ruhigen Rückflug erholte ich mich aber erst einmal,
und sanft landeten wir auf dem Alkerslebener Sportflugplatz.
Als ich meiner
Familie die ganzen Ereignisse schilderte, wollte mir keiner so recht glauben
schenken. In mir blieb aber das Erlebnis tief haften.
Drei Wochen später bekam ich wieder eine Einladung zu einem Flug mit
dem Segelflugzeug! Diesmal bereitete ich mich jedoch moralisch besser auf den
Event vor.
Geplant war diesmal ein Langstreckenflug. Richtung Westen sollte
es wieder über den Vogelsberg Richtung Deutsches Eck im schönen Rheingau gehen.
Später sollte es dann Richtung Sauerland gehen.
Ich sagte sofort zu, mit der
Gewissheit, einen guten Piloten als Freund zu haben.
Wieder zog uns die Seilwinde in luftige Höhen, wieder zirkelte Wilfried
das aus Kunststoff gebaute Flugzeug weiter in die Höhe.
Wir waren um 12 Uhr
gestartet. Diesmal bekam ich sogar eine Aufgabe zugeteilt:
Ich mußte den
Luftraum beobachten!
Vorerst kamen wir gut voran, aber plötzlich fiel der
Höhenmesser aus Gründen, die ich nicht verstand. Ich hatte das Gefühl, daß
Wilfried eine Wiese suchte, um dort notzulanden. Plötzlich entdeckte Wilfried
ein Industriegebiet. er steuerte darauf zu, und über den Dächern fanden wir die
nötige Thermik und stiegen wieder.
Auf einer Fliegerkarte mußte ich trotzdem
aus Sicherheitsgründen einen Flugplatz ausmachen für alle Fälle. Trotzdem waren
wir gut voran gekommen!
Die Fliegerkarte zeigte auch den Flugplatz
Siegerland. In der Nähe wohnt heute mein Sohn Sascha.
Unter uns drehten sich
die Rotorblätter eines Hubschraubers. Eine gut einsetzende Thermik gab uns
jedoch den Mut, unseren Langstreckenflug nicht abzubrechen.
Weiter ging es südwestlich. Rechts vor uns lag der
Westerwald. Unzählige Windräder standen unter uns. Bei jetzt leichtem Nordwind sah es von oben hübsch aus, wie sie sich drehten. Wieder sanken wir, verloren wesentlich an Höhe. Ich überlegte, ob wir wohl zwischen den vielen Karpfenteichen, die gut zu sehen waren, landen könnten. Wieder bewies Wilfried ein weiteres Mal seine exzellenten Flugkünste. Und da war auch schon der "Bart" zwischen den Wolken, der uns in unzähligen Runden wieder nach oben brachte. Vor uns wurde es dunkel, während der Nordwesten klar und hell zu sein schien und damit Wärme und Thermik versprach. |
![]() |
Gegen zwei Uhr, der Laie würde sagen: " Vorne Rechts!", tauchte die
Autobahn bei Montabauer auf und wenig später der erste schimmernde Bogen des
Rheines.
Ich überdachte, daß ich mit meinem Spracherkennungsprogramm meines
Laptops einen Flugbericht diktieren konnte, was ich dann auch tat.
Wilfried änderte seinen Plan und steuerte das westliche Rheinland an.
Die nächste Wolke vor uns; wir stiegen und stiegen mit
45 Grad Neigung. Meine Füße waren längst eingeschlafen. Über drei Stunden waren wir nun schon in der Luft. Wilfried steuerte konzentriert das Flugzeug und aß dabei in aller Ruhe einen Apfel. Wir überquerten den Nürburgring, sahen das kleine Dorf Adenau. Westlich der Rurtalsperre liegt ein Sperrgebiet über militärischem Gelände, das Wilfried sorgfältig mied. |
![]() |
Ich identifiziere die Eifelstädtchen; erst Düren, dann Stolberg, und ich
mache Wilfried auf den Aachener Dom aufmerksam,
aber er fotografiert einen
Flugplatz.
Da war auch das Kraftwerk Eschweiler, dessen Thermik er verbotener
Weise ausnützte!
Unser Flugzeug wurde schräg nach oben gerissen, und es fiel
im gleichen Atemzug wie ein Stein nach unten, daß mein Kopf gegen die Haube aus
Plexiglas knallte. Aber am Schluß waren wir der Sieger. Wir waren wieder ganz
oben! Der nächste Gleitflug begann.
Kurz nordöstlich, wir mußten hier den 8
Km schmalen Luftkorridor zwischen den der Zivilluftfahrt vorbehaltenen
SPERRGEBIET Köln Düsseldorf erreichen, um über den Rhein zu kommen. Also
überflogen wir die Kernforschungsanlage Jülich, den Braunkohletagebau
Garzweiler, das Kraftwerk Bergheim, das uns wieder sanft nach oben
bringt.
Wilfried schraubt das Flugzeug noch einmal höher, um schließlich im
Gleitfflug Höhe Dormagen die Kaltluftzone des Rheines zu überwinden.
Das
Bergische Land hielt uns lange fest, und es war verdammt spät geworden. Die
Sonne hing hinter westlichen Dunst!
Wir hangelten uns von Segelflugplatz zu
Segelflugplatz; plötzlich vor uns ein Schwarm Schwalben.
Wilfried hinter
her. Wir gewannen an Höhe.
Auf 900 m angekommen, entschied sich Wilfried doch
endlich zu landen. Wir glitten in einem Zug östlich am Ebbegebirge entlang,
die Sonne im Rücken, die schönen Wälder und kleinen Dörfer des Kreises Olpe
unter uns, einem kleinen Flugplatz entgegen.
Wie lange hatte ich nichts gegessen, getrunken.
Ich
fühlte mich immer noch im Rausch.
Nach der Landung erwärmten sich meine Füße nur langsam; ich hatte wieder unsere
Mutter Erde erreicht.
![]() |